Versicherungsagentur Kurt Macek GmbH
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Intransparenz beim Rückkaufwert führt zum Wegfall der Abschlusskosten

Das HG Wien setzt die Judikatur des OGH zu intransparenten Klauseln in Lebensversicherungsverträgen für die Praxis um: Fällt die intransparente Klausel weg, dann hat der Versicherer keinen Anspruch auf Ersatz der Abschlusskosten.

Die Klägerin hatte bei der Wiener Städischen Allgemeinen Versicherungs AG eine Lebensversicherung vorzeitig aufgekündigt und war mit der Auszahlung des – um Abschlusskosten verringerten - Rückkaufswertes unzufrieden. Sie klagte auf Zahlung von 913,10 Euro und argumentierte, dass die im Vertrag enthaltene Klausel, wonach der Rückkaufswert nicht die Summe der bezahlten Prämien entspreche, sondern nach den hiefür geltenden Vorschriften und tariflichen Grundlagen errechnet werde, dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG widerspreche. Das Erstgericht gab der Klage statt. Dabei war das Klagebegehren der Höhe nach von der beklagten Versicherung ausser Streit gestellt worden. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) – als Berufungsgericht – bestätigte die Entscheidung nunmehr. Das Urteil ist rechtskräftig. Das HG Wien hielt zunächst einmal fest, dass auch die Hinzuziehung eines Versicherungsmaklers auf Seiten des Versicherungsnehmers nichts daran ändere, dass ein Verbrauchergeschäft vorliege und das Transparenzgebot beachtlich sei. Dann verweist das HG Wien auf die inzwischen ständige Judikatur des OGH (in den zahlreichen Verbandsklagen des VKI), wonach Klauseln, die zur Berechnung des Rückkaufswertes nur generell auf „tarifliche Grundsätze“ verweisen, intransparent sind. Aber selbst wenn der – erst im Verfahren vorgelegte „Tarif IC 96“ – vereinbart worden wäre, würde dieser die Gesamtkostenbelastung des Versicherungsnehmers keineswegs nachvollziehbar darstellen; als Formel für den Rückkaufswert findet sich dort nämlich die für Laien unerklärliche Zeichenfolge: „x,nRKfv=kv*x,nReszv kv=0,9+(v-3).0,005 0,9□kv, □0,98“ Die Klauseln zum Rückkaufswert seien daher unwirksam. Das HG Wien geht (entgegen Krejci in VR 2006,104) davon aus, dass der Abzug von Abschluss- und Verwaltungskosten im Lichte des § 176 Abs 4 VersVG nur dann zulässig ist, wenn dies im Versicherungsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde. Gibt es keine Vereinbarung, oder fällt diese – wie hier – wegen Intransparenz weg, dann hat der Versicherer keinen Anspruch darauf, diese Kosten vom Rückkaufswert abzuziehen. Es muss daher unberechtigte Abzüge erstatten. Dies ist nicht Schadenersatz, sondern eine Leistung im Sinne des § 176 Abs 3 VersVG. Im konkreten Fall war eine Revision an den OGH jedenfalls unzulässig. Daher fehlt nach wie vor eine abschließende Rechtsprechung des OGH zur Frage der Konsequenz der Intransparenz von Klauseln zur Berechnung des Rückkaufswertes. Der VKI führt – im Auftrag des BMSK – für Versicherungsnehmer Sammelinterventionen bei Lebensversicherungen durch. Dabei werden allerdings – aus prozessualer Vorsicht – die Abschlusskosten nicht zur Gänze weggerechnet, sondern nur – im Lichte § 176 Abs 5 VersVG – auf fünf Jahre verteilt. Im Lichte der ständigen Judikatur des OGH zur Intransparenz der bis 1.1.2007 gültigen Klauseln haben sich eine Reihe von Versicherern zur außergerichtlichen Zahlung entschlossen. Ginge man von der nunmehr vom HG Wien aufgezeigten Rechtsansicht aus, dann würde den Versicherungsnehmern ein höherer Betrag zustehen. Der VKI wird vorerst dennoch weiter die Nachforderungen auf der Basis der Verteilung der Abschlusskosten auf 5 Jahre stellen und eine Klärung durch den OGH abwarten. Gleichzeitig werden Musterprozesse unter Abtretung der Ansprüche der Versicherungsnehmer (§ 502 ZPO) an den OGH heranzutragen sein. Betroffene Versicherungsnehmer stehen vor der Wahl: Entweder sie nehmen den „Spatz in der Hand“ (= Rückkaufswert abzüglich Kosten verteilt auf 5 Jahre) oder sie warten auf die „Taube auf dem Dach“ (= Rückkaufswert ohne Kostenbelastung); das Zuwarten hat aber auch Tücken: Der Anspruch auf Leistung verjährt binnen 3 Jahren nach Rückkauf. (Der Entwurf des BMJ zu Gruppen- und Musterklagen würde hier Abhilfe schaffen: Man könnte die Rechtsfrage in einem Musterprozess beim OGH klären und alle anderen Betroffenen, die ihre Ansprüche angemeldet haben, könnten – ohne Verjährung – diese Entscheidung abwarten. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Regierung auf diesen Entwurf einigen kann und dieser als Regierungsvorlage an das Parlament geht.) HG Wien 28.9.2007, 50 R 73/07b

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